Tolar: Bekenntnis der Bischofskonferenz gegen Diskriminierung Homosexueller erfreulich aber auch widersprüchlich

Utl.: Paragraph 209 StGB ist Diskriminierung und kein Jugendschutz

10. 11. 2001 – Wien (SK) “Die gestrige Erklärung der katholischen Bischofskonferenz ist in Teilbereichen durchaus erfreulich, auch wenn sie in sich stark widersprüchlich ist”, erklärte heute Günter Tolar, Vorsitzender der SoHo (Initiative Sozialismus & Homosexualität) zur gestrigen Pressekonferenz von Kardinal Schönborn, bei der dieser gemeint hatte: “Selbstverständlich” werde jede Diskriminierung Homosexueller abgelehnt. “Das ist, gemessen an der Position der katholischen Kirche Österreichs in den vergangenen Jahrzehnten wie zum Beispiel im Jahre 1971 bei der Abschaffung des Totalverbotes von Homosexualität, ein klarer Fortschritt. Wenn eine Kirche, die ja wahrlich in anderen Zeitdimensionen denkt, so schnell ihre Meinung ändern kann, dann wird dieser positive Lernprozess ja hoffentlich noch weitergehen” freute sich Tolar.

Tolar kritisierte aber gleichzeitig, “dass die katholischen Bischöfe den Sinn des Wortes Diskriminierung offensichtlich noch nicht wirklich verstanden haben”. Sonst wüssten sie, dass Strafrechtsparagraph 209 sehr wohl eine Diskriminierung Homosexueller darstelle, denn der strafrechtliche Jugendschutz ist bekanntlich in anderen Paragraphen geregelt.
“Ich hätte mir daher gewünscht, dass Bischöfe, die sich so massiv in eine aktuelle politische Debatte einbringen, den rechtlichen Hintergrund genauer studieren. Tatsächlich ignorieren sie die anderen Bestimmungen des zehnten Abschnittes im Strafgesetzbuch und wollen lieber tausende heterosexuelle Jugendliche zusätzlich kriminalisieren.” erklärte Tolar. “Offensichtlich vertritt die Katholische Kirche hier aber den Standpunkt der Partei des Bundeskanzlers, da ihre Wortwahl jener des Bundeskanzlers ident ist.” wunderte sich Tolar und erklärte: “Ich weiß mich hier jedenfalls eins mit dem Nationalratspräsidenten und der Vizekanzlerin”.

Neben Nationalratspräsident Heinz Fischer war im Sommer auch Vizekanzlerin Riess-Passer gegen Paragraph 209 aufgetreten und hatte gemeint, dass in dieser Debatte immer wieder die Diskriminierung Homosexueller mit dem Kinder- und Jugendschutz vermischt werde. “Daher empfinde ich es als unzulässig, wenn sich die katholische Kirche so massiv in eine aktuelle politische Debatte um die Diskriminierung Homosexueller und die rechtliche Absicherung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften einmischt. Gleichzeitig anerkenne ich, dass es einzig und allein Sache der Kirche ist, über eine kirchliche Segnung homosexueller Paare zu entscheiden. Diese Trennung von Politik und Kirche halte ich für sehr wichtig”, schloss Tolar. (Schluss) ns/mp