Utl.: Tolar: “Erstmals gesetzliche Bestimmung zum Schutz von Lesben und Schwulen vor Verhetzung”
15. 2. 2002 – Wien (SPW) “Das neue Wiener Jugendschutzgesetz bestätigt wieder einmal die Vorreiterrolle Wiens in der Homosexuellenpolitik”, erklärte die Wiener SP-Gemeinderätin Sonja Wehsely am Freitag nach der Beratung des Gesetzes im Gemeinderatsausschuss. Wehsely hatte im Rahmen der Beschlussfassung im Ausschuss einen Abänderungsantrag eingebracht, der auch den Begriff “sexuelle Orientierung” in den Diskriminierungsschutz des §10 Abs. 1 Z2 Wiener Jugendschutzgesetz 2002 aufnimmt.
Dadurch dürfen Jugendlichen in Wien künftig keine Medien angeboten werden, die Homosexuelle diskriminieren. Günter Tolar, Vorsitzender der SoHo (Initiative Sozialismus & Homosexualität) stellte dazu fest: “Dies ist die erste österreichische Gesetzesbestimmung zum Schutz von Homosexuellen vor Diskriminierung. Ich freue mich daher besonders über diesen kleinen aber wichtigen Schritt gegen die Verhetzung von Lesben und Schwulen”. Der Abänderungsantrag wurde im Ausschuss mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP beschlossen, nicht zugestimmt haben die Grünen und die FPÖ. Das Wiener Jugendschutzgesetz 2002 wird am 28. Februar im Landtag abgestimmt.
Gemeinderätin Wehsely betonte, dass “wir hier ganz im Sinne der entsprechenden Schutzbestimmung der Europäischen Union im Artikel 13 des EG-Vertrages handeln. Es ist erfreulich, wenn wir damit ein Stück weit zur ungestörten Entwicklung lesbischer und schwuler Jugendlicher beitragen können, von denen manche gerade in ihrem ‘Coming-Out’ stecken”.
Wehsely forderte in diesem Zusammenhang die schwarz-blaue Bundesregierung auf, “endlich alle diskriminierenden Bestimmungen gegen Homosexuelle aufzuheben und gleichgeschlechtliche Partnerschaften rasch anzuerkennen, damit auch in Österreich die Menschenrechte volle Geltung erlangen”. Weiters berichtete Wehsely, dass “die SPÖ Wien hier im stetigen Dialog mit der Initiative SoHo steht und an weiteren Maßnahmen für die Gleichstellung und den Schutz Homosexueller arbeitet”.
“Gerade der Fall eines Herrn Diemann hat uns gezeigt, dass die österreichischen Gerichte derzeit keine Handhabe gegen wüsteste Beleidigungen von homosexuellen Menschen haben. Die neue Schutzbestimmung zeigt exemplarisch, wie solche bösartigen Verhetzungen abgestellt werden können”, erklärte Günter Tolar und stellte abschließend fest: “Besonders freut es mich, dass unsere fundierte Anregung so rasch aufgegriffen und umgesetzt wurde. Wieder einmal startet damit Wien eine richtungsweisende Initiative, die hoffentlich bald in vielen anderen Bundesländern übernommen wird.” (Schluss) gd
ABÄNDERUNGSANTRAG
der Landtagsabgeordneten Mag.a Sonja Wehsely und Martina Malyar eingebracht in der Sitzung des Gemeinderatsausschusses Bildung, Jugend, Soziales, Information und Sport am 15.2.2002 zu Post Nr. 2 der heutigen Tagesordnung, betreffend den Entwurf eines Gesetzes, mit dem ein neues Wiener Jugendschutzgesetz 2002 erlassen wird.
BEGRÜNDUNG
1. Das neue Wiener Jugendschutzgesetz 2002 beinhaltet unter anderem auch ein Diskriminierungsverbot, das die Verbreitung von diskriminierenden Medien verbietet. Im bisherigen Entwurf des neuen Jugenschutzgesetzes umfasste dieses Diskriminierungsverbot im § 10 Abs.1 Z 2 alle Gruppen, die aus heutiger Sicht besonders stark von Diskriminierung betroffen sind, ausgenommen Menschen, die auf Grund ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert werden.
Allgemein ist der Diskriminierungsschutz in der Europäischen Union ein wichtiges Anliegen und so beinhalten sowohl der Artikel 13 EG-Vertrag (idF n. Amsterdam) als auch Artikel 21 Abs.1 der EU-Grundrechtscharta ein Diskriminierungsverbot, das neben vielen anderen diskriminierten Bevölkerungsgruppen auch Menschen schützt, die auf Grund ihrer sexuellen Orienterung diskriminiert werden.
Der Wiener Gemeinderat hat am 7. Juni 2000 eine Wiener Deklaration für Gerechtigkeit und Gleichberechtigung beschlossen, in der sich Wien dazu bekennt, dass niemand wegen seiner sexuellen Orientierung diskriminiert werden darf. Des weiteren hat der Wiener Gemeinderat am 27. Juni 2001 einen Beschluß betreffend Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften gefasst, in dem der Bundesgesetzgeber aufgefordert wird, ein Antidiskriminierungsgesetz zum wirksamen Schutz von Lesben und Schwulen umzusetzen.
Der vorliegende Abänderungsantrag nimmt daher auch den Begriff der “sexuellen Orientierung” in den Diskriminierungsschutz des § 10 Abs.1 Z 2 Wiener Jugendschutzgesetz auf. Damit wird Wien weiterhin seiner eindeutigen Vorreiterrolle bezüglich des Schutzes homo-, bisexueller und transgender Menschen vor Diskriminierung gerecht.
2. Darüber hinaus soll durch den gegenständlichen Abänderungsantrag eine erst nach dem Begutachtungsverfahren eingebrachte Kritik des Bundesministeriums für Inneres zum § 13 Abs. 1 des Entwurfes berücksichtigt werden.
Das Bundesministerium für Inneres sah die gewählte Formulierung als Mitwirkungsregelung für die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu allgemein gehalten und nicht ausreichend bestimmt an und regte an, diese Regelung so zu fassen, dass die Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen seitens der Bundespolizeidirektion Wien auf bestimmte Paragraphen beschränkt wird.
Durch die Neuformulierung wird nach Rücksprache mit dem Bundesministerium für Inneres diesem Wunsch Rechnung getragen und ein Bezug zu § 12 des Entwurfes hergestellt, in welchem alle von der Bundespolizeidirektion Wien zu überwachenden Gebote und Verbote ausdrücklich angeführt sind.
Unter Maßnahmen zur Vorbeugung gegen drohende Verwaltungsübertretungen sind insbesondere Verwarnungen und Überwachungstätigkeiten durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien zu verstehen, unter Maßnahmen, die für die Einleitung von Verwaltungsstrafverfahren erforderlich sind, sind die Anzeigen an den Magistrat der Stadt Wien zu subsumieren.
Die gefertigten Abgeordneten stellen daher gemäß § 30 Abs. 3 der Geschäftsordnung für die Ausschüsse, Unterausschüsse und Kommissionen des Gemeinderates der Stadt Wien folgenden
ABÄNDERUNGSANTRAG
Der Gemeinderatsausschuss wolle beschließen:
Der vorliegende Entwurf eines Gesetzes, mit dem ein neues Wiener Jugendschutzgesetz 2002 beschlossen wird, wird wie folgt geändert:
§ 10 Abs. 1 lautet:
“§ 10. (1) Inhalte von Medien gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 Mediengesetz, BGBl. Nr. 314/1981 in der Fassung BGBl. I Nr. 75/2000, und Datenträgern sowie Gegenstände und Veranstaltungen, die junge Menschen in ihrer Entwicklung gefährden könnten, dürfen diesen nicht angeboten, weitergegeben oder sonst zugänglich gemacht werden. Eine Gefährdung ist insbesondere anzunehmen, wenn diese
1. Aggressionen und Gewalt fördern, kriminelle Handlungen von menschenverachtender Brutalität oder Gewaltdarstellungen verherrlichen oder verharmlosen,
2. Menschen wegen ihrer Rasse, Hautfarbe, nationalen oder ethnischen Herkunft, ihres Geschlechtes, ihrer sexuellen Orientierung, ihres religiösen Bekenntnisses oder ihrer Behinderung diskriminieren oder
3. die Darstellung einer die Menschenwürde missachtenden Sexualität beinhalten.”
§ 13 Abs. 1 lautet:
“§ 13. (1) Die Bundespolizeidirektion Wien hat an der Vollziehung des § 12 Abs. 1 mitzuwirken durch
a) Maßnahmen zur Vorbeugung gegen drohende Verwaltungsübertretungen und
b) Maßnahmen, die für die Einleitung von Verwaltungsstrafverfahren erforderlich sind.”
In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung dieses Antrags gefordert.