Ausschussdebatte über Vollziehung des Gleichbehandlungsgesetzes
Wien (PK) – Der Gleichbehandlungsausschuss befasste sich in seiner heutigen Sitzung sowohl mit dem Gleichbehandlungsbericht des Bundes 2012 sowie mit dem Gleichbehandlungsbericht für die Privatwirtschaft für die Jahre 2010 und 2011. Beide wurden vom Ausschuss mehrheitlich zur Kenntnis genommen.
Heinisch-Hosek will bessere Anrechenbarkeit von Vordienstzeiten
Der 9. Gleichbehandlungsbericht des Bundes 2012 (III-356 d.B.) informiert über den Stand der Verwirklichung von Gleichbehandlung und Frauenförderung im Bundesdienst sowie über die Tätigkeit der
Gleichbehandlungskommission des Bundes. In fast allen Ressorts bzw. Obersten Organen konnten die Frauenanteile gegenüber 2009 erhöht werden. Im Bundesdienst waren 2009 insgesamt 142.120 Personen beschäftigt, 2011 waren es 141.562 Personen. In diesem Zeitraum ist dabei der Frauenanteil von 39,8 % auf 40,6 % gestiegen.
Die Diskussion des Berichts wurde mit Detailfragen der Abgeordneten an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst, Gabriele Heinisch-Hosek, und an Bundesminister Rudolf Hundstorfer eröffnet. Fragen stellten die Abgeordneten Sonja Ablinger und Binder-Mayer (beide S), Christine Marek und Dorothea Schittenhelm (beide V) Heidemarie Unterreiner und Carmen Gartlgruber (beide F), Alev Korun und Judith Schwentner (beide G) sowie Martina Schenk (B). Im Mittelpunkt der Diskussion stand der auch im Bundesdienst bestehende Einkommensunterschied von Männern und Frauen, die Ursachen dafür und die Maßnahmen, die dagegen gesetzt werden. Nachholbedarf sahen die Abgeordneten nach wie vor in der Besetzung von Führungspositionen im Bundesdienst. Auch die Arbeit der Gleichbehandlungsanwaltschaft des Bundes wurde thematisiert.
Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek hielt, bevor sie auf Detailfragen der Abgeordneten einging, grundsätzlich fest, dass man sich bei der Berichterstellung stets bemühe, kostensparend vorzugehen. Sie sehe daher in der Vielzahl unterschiedlicher Berichte zur Frage der Gleichbehandlung kein Problem, wichtig sei es, Daten über sehr verschiedene Bereiche zu erhalten.
Der Vergleich der Einkommen von Männern und Frauen zeige, dass der Unterschied im Bundesdienst geringer ausfalle als in der Privatwirtschaft. Die Entwicklung gehe im Bundesdienst immer mehr in Richtung einer Angleichung der Gehälter, was teilweise damit zusammenhänge, dass eine Verschiebung in Richtung eines höheren Anteils an Vertragsbediensteten stattfinde. In diesem Bereich gebe es höhere Einstiegsgehälter und seien auch mehr Bewerbungen von jungen Akademikerinnen als von Männern zu verzeichnen. Ein wichtiger Faktor, aus dem sich Einkommensunterschiede erklären, seien die unterschiedlichen Überstunden von Männern und Frauen im Bundesdienst. Hierbei falle der Exekutivdienst besonders ins Gewicht, bei dem Nacht- und Wochenenddienste selbstverständlicher Teil der Diensteinteilung sind, und der gleichzeitig immer noch sehr stark eine Männerdomäne darstellt, sagte die Ministerin. Bei der Besetzung von Spitzenpositionen gebe es eine langsame Aufwärtsentwicklung. Für Einstellungsverfahren falle ausschließlich die Qualifikation ins Gewicht, unterstrich Heinisch-Hosek. Alle qualifizierten BewerberInnen würden zu einem Erstgespräch eingeladen. Der Bund verhalte sich damit anders, als es in der Privatwirtschaft oft üblich sei, unterstrich Heinisch-Hosek. Sie sah daher keine Veranlassung, Änderungen der Ausschreibungsverfahren durchzuführen.
Als Maßnahmen zur Beseitigung des Gender Pay Gap bemühe sich ihr Ressort darum, Frauen darüber aufzuklären, welche Nachteile Teilzeitarbeit auf ihre weitere Einkommensentwicklung und die Pension hat. Im Frühjahr werde sie mit der Gewerkschaft öffentlicher Dienst eine Diskussion über die Erhöhung von Einstiegsgehältern beginnen, kündigte Heinisch-Hosek an. Man setze auch darauf, dass mehr Frauen in Spitzenpositionen gelangen. Es seien auch neue Kriterien bei Bestellungsverfahren eingeführt worden, um etwa auch Fähigkeiten, wie soziale Kompetenz, zu berücksichtigen. Die bessere Anrechenbarkeit der Vordienstzeiten sei ihr ein besonderes Anliegen, betonte die Ministerin, da es hier auch im die Frage des Wechsels zwischen Privatwirtschaft und öffentlichem Dienst gehe. Als wichtige Maßnahme nannte Heinisch-Hosek aus ihrer Sicht, Männern die Entscheidung für einen Papa-Monat durch ein einfacheres Bewilligungsverfahren zu erleichtern. Sie werde sich dafür einsetzen, dass auch die Privatwirtschaft solche Regelungen übernimmt. Bisher werde das mit dem Hinweis auf die Wirtschaftskrise abgeblockt. Aus ihrer Sicht stellt das keine Begründung dar, zumal es sich hier um eine Grundsatzentscheidung handle, die nicht von der Konjunktur abhängig gemacht werden dürfe.
Bei der Abstimmung wurde der Bericht mit Mehrheit von S,V,G,B gegen die Stimmen von F zur Kenntnis genommen und damit vom Gleichbehandlungsausschuss enderledigt.
Österreich hinkt beim Diskriminierungsschutz nach
Der gemeinsame Bericht über die Vollziehung des Gleichbehandlungsgesetzes für die Jahre 2010 und 2011 (III-360 d.B.) wird von der Bundesministerin für Frauen und Öffentlichen Dienst und dem Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz alle zwei Jahre dem Nationalrat vorgelegt. Er enthält Angaben über die Tätigkeit der Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW) und zu den Verfahren vor der Gleichbehandlungskommission (GBK).
Bundesminister Rudolf Hundstorfer stellte fest, der Diskriminierungsschutz im Bereich des gleichberechtigten Zugangs zu Dienstleistungen und Sachgütern entspreche in Österreich noch nicht dem Niveau der meisten anderen EU-Länder. Das Levelling-up solle durch eine Novelle erfolgen, die eine Reihe von Maßnahmen in diesem Bereich enthalten würde. Bisher sei diese Novelle aber durch eine negative Stellungnahme der Österreichischen Bischofskonferenz blockiert, bedauerte der Minister. Unser Land bleibe damit leider nach wie vor Schlusslicht beim Diskriminierungsschutz.
Die Tatsache, dass man sich bei Diskriminierungen sowohl an die Gleichbehandlungskommission als auch direkt an die Gerichte wenden könne, sei nicht als unnötige Doppelgleisigkeit zu sehen, hielten Hundstorfer und Heinisch-Hosek übereinstimmend fest. Es gehe vielmehr darum, ein niederschwelliges Angebote für Personen zu schaffen, die sich Diskriminierungen ausgesetzt sehen, ohne sofort vor Gericht gehen zu wollen. Das stelle eine Erweiterung der Wahlfreiheit dar.
Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek sah es ebenfalls als dringend geboten an, ein gleiches Niveau des Diskriminierungsschutzes zu schaffen. Dass die Novelle dazu bisher am Widerstand der Österreichische Bischofskonferenz scheitere, sei sehr bedauerlich. Sie sehe nicht ein, warum etwa in Österreich eine Diskriminierung homosexueller Paare bei der Wohnungssuche nach wie vor zulässig sein sollte, meinte Heinisch-Hosek. Sie hoffe, dass mit den Sozialpartnern schnell eine Lösung gefunden werden könne. Was die angesprochene lange Verfahrensdauer der Gleichbehandlungskommission betrifft, so hoffe man, dass eine Verkleinerung der Senate eine Beschleunigung herbeiführen werde.
Im Bereich der einheitlichen Tarife für Senioren und Seniorinnen bei den Verkehrsbetrieben sei nun einiges in Bewegung, stellte die Ministerin fest. Nachdem die großen Verkehrsbetriebe hier einheitliche Regelungen geschaffen haben, würden nun auch kleinere Betriebe nachziehen. Regionale Unterschiede des Beratungsaufkommens bei den Regionalstellen der Gleichbehandlungsanwaltschaft haben mit unterschiedlichen Einzugsbereichen zu tun, erklärte die Ministerin. Die Website sei ein wichtiges Informationsmedium geworden, sie sei neu aufgesetzt worden und zeige eine steigende Zahl an Zugriffen. Spezifische Daten darüber, inwieweit das Angebot von Help-TV speziell als Informationsangebot in Zusammenhang mit Diskriminierung genützt werde, seien nicht verfügbar, sagte die Ressortleiterin.
An der Diskussion beteiligten sich die Abgeordneten Franz Riepl und Johann Hell für die SPÖ, Anna Höllerer und Dorothea Schittenhelm für die ÖVP, Heidemarie Unterreiner für die Freiheitlichen, Alev Korun und Judith Schwentner für die Grünen und Martina Schenk und Ursula Haubner für das BZÖ.
Bei der Abstimmung wurde der Gleichbehandlungsbericht für die Privatwirtschaft mehrheitlich mit den Stimmen von S,V,G, B und gegen die Stimmen der FPÖ zur Kenntnis genommen und damit im Ausschuss enderledigt.