Jarolim zu § 178: Bessere Koordination zwischen Sozial- und Justizministerium

24. 10. 2001 – Wien (SK) “In dieser Frage kommt Ratlosigkeit zum Ausdruck. Der Bürger darf aber nicht mit der Ratlosigkeit des Gesetzgebers konfrontiert werden”, so SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim Dienstag abend im Rahmen einer Podiumsdiskussion, organisiert vom “Rechtskomitee Lambda”. Unter dem Titel “Ist ’safer Sex’ strafbar?” widmete man sich dem Paragraph 178 StGB, der die vorsätzliche Gefährdung durch übertragbare Krankheiten regelt. Ausgangspunkt für die Diskussion war der Fall eines HIV-positiven Kärntners, der neben einer Verurteilung auf Grund des Paragraphen 209 auch wegen Missachtung des Paragraphen 178 schuldig gesprochen wurde. Die Verurteilung zu einem Jahr Freiheitsstrafe, davon drei Monate unbedingt, erfolgte, obwohl sich der Mann an die vom Gesundheitsministerium herausgegebenen Regeln zu ’safer Sex’ gehalten hatte. Des weiteren wurden schwere Verfahrensmängel festgestellt.

“Der Staat misst hier mit zweierlei Maß: Auf der einen Seite gibt es Regelungen für ’safer Sex’, auf der anderen Seite kommt es zu Verurteilungen, wenn man sich an diese Regeln hält”, kritisierte Jarolim. Dies sei völlig inakzeptabel. “Es ist ein Muss des Rechtsstaates, dass auf Normen Verlass ist.” Jarolim verlangte in dieser Frage eine Harmonisierung zwischen Justiz- und Sozialministerium. Auch das Verhalten der Generalprokuratur lasse zu wünschen übrig. Auf Grund der Verfahrensmängel hätte diese Beschwerde einbringen müssen.

Insgesamt seien in der Spruchpraxis, insbesondere zum Paragraphen 209, Unterschiede von Bundesland zu Bundesland festzustellen. “Die Rechtsprechung ist natürlich frei. Eine gewisse Koordination sollte allerdings schon vorhanden sein”, so der Justizsprecher. Es dürfe bei Delikten nicht davon abhängen, in welchem Bundesland man sich gerade aufhält. (Schluss) sw