Transidente, nicht-binäre und auch intergeschlechtliche Menschen erleben auch in Österreich noch immer massive Diskriminierungen. Bürokratische Hürden und fehlende Anerkennung gehören zu ihrem Lebensalltag, oftmals begleitet von handfesten Diskriminierungen aufgrund ihrer Geschlechtsidentität und sogar Gewalterfahrungen. Auch überall dort, wo es um die notwendige medizinische Versorgung geht, hat die Republik noch großen Nachholbedarf. Das Ziel der Sozialdemokratie ist daher klar: Wir kämpfen für ein selbstbestimmtes, sichtbares und stolzes Leben für ALLE Menschen in Österreich – unabhängig von ihrer Geschlechtsidentität!
Zwischen September 2020 und März 2021 haben die SoHo Österreich und die SPÖ-Bundesfrauen daher gemeinsam mit Abgeordneten des SPÖ-Parlamentsklubs einen Grundsatzprozess gestartet: Mit einem Round Table mit Zivilgesellschaft und Aktivist*innen, internen Expert*innen-Runden und öffentlichen Diskussionen wurde dabei das erste umfassende Forderungsprogramm einer politischen Bewegung für ein selbstbestimmtes, sichtbares und stolzes Leben für alle Menschen, unabhängig von ihrer Geschlechtsidentität, erarbeitet. |
Die SoHo bekennt sich daher zu einem umfassenden Programm für die Sicherstellung eines selbstbestimmten, sichtbaren und stolzen Lebens für ALLE Menschen – unabhängig von ihrer Geschlechtsidentität. Wir fordern:
Freie Wahl des Personenstandes: Jeder Mensch muss in dem Geschlecht anerkannt werden, in dem er lebt!
Unser Ziel ist es, dass jeder Mensch das Recht auf einen Personenstandseintrag in dem Geschlecht hat, in dem man lebt – ohne bürokratische Hürden und die Pflicht zu kostspieligen Gutachten. Ein entpathologisierter Zugang zum Personenstand muss garantieren, dass die Einträge in Dokumenten, wie etwa im Zeugnis und der ECard mit der Realität der betroffenen Person übereinstimmen, egal ob diese als Mann, als Frau oder in einem alternativen Geschlechtseintrag lebt: Jeder Mensch muss selbst entscheiden können, welches Geschlecht im Reisepass steht!
- Kostenfreie Änderung des Personenstandes auf Grundlage einer Selbsterklärung – ohne Diagnose- und Gutachtenpflicht!
- Aufhebung des Nehammer-Erlasses zu alternativen Geschlechtseinträgen und freier Zugang zu den Einträgen inter/divers/offen auf Basis für intergeschlechtliche, sowie auch für transidente und non-binäre Menschen.
- Freie Wahl des Vornamens, unabhängig vom Geschlechtseintrag.
- Kostenübernahme für die Ausstellung neuer Dokumente nach einer Änderung des Personenstandes.
- Sicherstellung einer Regelung, durch die auch Minderjährigen unter bester sozialer Betreuung und Einbindung der Familien den Zugang zur Personenstandsänderung garantiert wird.
Beste Versorgung für Transpersonen: Für einen Ausbau der medizinischen und psychischen Versorgung!
Unser Ziel ist eine moderne, flächendeckende und garantierte Versorgung von transidenten Personen – sowohl im medizinisch-chirurgischen, als auch im psychotherapeutisch-psychiatrischen Bereich! Dazu braucht es nicht nur einen Ausbau der chirurgischen Angebote und der Vernetzung einzelner medizinischer Einrichtungen, sondern auch einen grundlegenden Auf- und Ausbau des Wissens und der Angebote im niedergelassenen Bereich: Transgender-Medizin darf nicht das Feld einiger weniger Ärzt*innen, Psychotherapeut*innen und Psychiater*innen sein, sondern muss als Querschnittsmaterie flächendeckend verankert werden. Jede transidente Person muss das Recht auf beste medizinische und psychische Versorgung, ohne jahrelange Wartezeiten und hohe Selbstkosten, haben!
- Bundesweite garantierte Betreuung für Transpersonen, die eine Hormontherapie durchführen (möchten), in Verbindung mit einem deutlichen Ausbau des Angebots von Fachärzt*innen mit Transidenität-Schwerpunkt und zentralem Nachfolgemanagement in diesem Bereich.
- Abbau der Wartezeiten beim Zugang zu medizinischen und chirurgischen Leistungen, sowie Ausbau der gerade im Bereich der Trans-Medizin wichtigen Ausklärungs- und Beratungsgespräche durch koordinierten Ausbau des medizinischen Angebots.
- Volle Kostenübernahme für Primäroperationen und Vereinheitlichung des Leistungskatalogs der Krankenkassen.
- Bundesweit geförderte Vernetzung medizinischer Angebote durch Schaffung eines zentralen Kompetenzzentrums.
- Ausbau der Kassenplätze für psychotherapeutische und psychiatrische Leistungen im Bereich von transidenten Personen.
- Breite Verankerung des Themas Transidentität in allen medizinischen und Pflegeausbildungen, sowie im Bereich der Sozialen Arbeit – besonderer Schwerpunkt auf diesen Themenkomplex im Feld der Kinder- und Jugendpsychiatrie.
Flächendeckend Angebote: Für regionalisierte Kompetenzzentren in allen Bundesländern
Die Versorgung von transidenten Personen darf nicht nur eine Frage weniger zentraler Ballungsräume sein – es braucht österreichweite Vernetzung und Kompetenzaufbau. Durch die Schaffung multiprofessioneller Kompetenzzentren in allen Bundesländern kann nicht nur die Versorgungslandschaft verbessert, sondern auch Akzeptanz und schnelle Unterstützung, insbesondere für junge Menschen und ihre Familien, sichergestellt werden. Nur durch die Regionalisierung von Angeboten in den Bereichen der Medizin, der psychischen Versorgung und auch der sozialen Arbeit können wir eine wirklich umfassende Versorgung garantieren.
- Schaffung eines multiprofessionellen Zentrums für Trans-Medizin in jedem Bundesland in Verbindung mit einem bundesweiten Kompetenzzentrum.
- Einbeziehung regionaler Peer Groups und Selbstvertretungs-, sowie Communityorganisationen.
- Auf Basis dieser Angebote eine bestmögliche Vernetzung von niedergelassenen Ärzt*innen und Pychotherapeut*innen, sowie eine bessere Verankerung von Transgender-Medizin in regionale Aus-, Fort- und Weiterbildungen.
- Beim Ausbau der Angebote für Transpersonen müssen regionale Angebote zu Fragen der sexuellen Gesundheit miteinbezogen werden.
Akzeptanz durch Sichtbarkeit: Beste Unterstützung und besten Schutz für transidente, nicht-binäre und intergeschlechtliche Kinder und Jugendliche
Gerade die Schule ist ein zentraler und prägender Lebensraum für alle Menschen – sie muss ein sicherer Ort gerade für transidente, nicht-binäre und intergeschlechtliche Kinder und Jugendliche sein. Durch Sichtbarkeit in Unterricht und Ausbildung, aber auch durch klare Schutzmaßnahmen muss die Selbstbestimmung dieser Gruppe gefördert und gestärkt werden. Es darf nicht vom Wohlwollen einzelner Lehrpersonen oder regionaler Entscheidungsträger*innen abhängen, ob junge Menschen in dem Geschlecht anerkannt und gefördert werden, in dem sie leben.
- Stärkere Verankerung des Themas Geschlechtsidentität anhand des Grundsatzerlasses Sexualpädagogik im Unterricht und in Unterrichtsmaterialien, sowie in der Ausbildung von Lehrer*innen, Pädagog*innen und Betreuer*innen.
- Klare Regelung, die jungen Menschen im Bereich der Schule, Ausbildung und Universitäten die Anerkennung in ihrem gelebten Geschlecht, unabhängig von etwaigen Geschlechtseinträgen garantiert.
- Ausbau des bundesweiten Beratungs- und Schulungsangebots für Lehr- und Verwaltungskräfte, um einen niederschwelligen Umgang mit dem Thema Geschlechtsidentität und bestmögliche Beratung in Anlassfällen zu gewährleisten.
Voller Schutz vor Diskriminierung: Durch ein „Levelling Up“ des Gleichbehandlungsgesetzes und aktiven Kampf gegen Hate Crimes!
Gesellschaftlicher Fortschritt und mehr Akzeptanz können nur dann wirklich wirksam werden, wenn auch die Gesetze und die Handlungen des Staates, der Exekutive und der Justiz wirksam gegen Diskriminierung und Hass vorgehen. Nach Jahrzehnten, in denen Fortschritt vor allem durch Gerichte erkämpft wurde, ist es an der Zeit für mutige Gesetzgebung und proaktives Vorgehen gegen Trans- und Interfeindlichkeit durch alle Organe der Republik. Jeder Mensch hat, unabhängig von der Geschlechtsidentität, vollen Schutz vor Diskriminierung und ein Leben ohne Angst, Hass und Gewalt verdient!
- Verankerung der Schutzgründe Geschlechtsidentität, Geschlechtsausdruck und Geschlechtsmerkale, sowie sexuelle Orientierung durch ein „Levelling Up“ des Gleichbehandlungsgesetzes – außerdem die Verankerung dieser Schutzgründe im Gleichbehandlungsparagraphen (Artikel 7) der Bundesverfassung!
- Ausweitung aller Landesgleichbehandlungsgesetze zum Schutz vor Diskriminierung aufgrund von Geschlechtsidentität, Geschlechtsausdruck und Geschlechtsmerkmalen.
- Gesetzliche Verankerung des Verbots von Konversions- und s.g. „reparativen“ Therapien entsprechend des einstimmigen Nationalratsbeschlusses vom Juli 2019.
- Ausweitung der Schulungen von Polizei und Justiz, sowie Verwaltung zur Garantie eines zeitgemäßen und sensiblen Umgangs mit Fragen der Geschlechtsidentität.
- Ein bundesweites Maßnahmenpaket gegen Hate Crimes, Hate Speech und alle Formen von gruppenspezifischer Gewalt – inkl. Schaffung spezifischer Ressourcen dafür in der Strafverfolgung und Justiz.
Darüber hinaus bekennt sich die Sozialdemokratie einmal mehr zur gesetzlichen Verankerung eines Verbots von nicht medizinisch notwendigen Operationen an intergeschlechtlichen Kindern.