Die Geschichte der SoHo

Die SoHo setzt sich als sozialdemokratische LGBTIQ-Organisation für Gleichstellung, den Abbau von Diskriminierungen und die Stärkung von Grund- und Menschenrechten ein. Sie existiert seit 1994 und wurde im Jahr 1999 offiziell als SPÖ-Organisation für die Gleichberechtigung von Schwulen, Lesben, Bisexuellen, intergeschlechtlichen und Trans*-Personen (LGBTIQ) verankert. Seit 2017 ist Mario Lindner Bundesvorsitzender der SoHo.

„Homosexualität ist keine Privatangelegenheit!“ – Die Geschichte der SOHO

Das Geburtsjahr der SOHO – die sich bis 1995 als „Schwusos“ bezeichnete – ist mit 1994 zu beziffern. Im Sommer dieses Jahres wurde die Arbeitsgemeinschaft Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender-Personen in der Sozialdemokratie innerhalb des VSStÖ Wien gegründet. Am 7. September verfasste die Gemeinschaft ein Schreiben an alle Kandidat_innen, die sich im Rahmen des Nationalratswahlkampfs für die SPÖ hatten aufstellen lassen. In diesem Schreiben forderten sie die Politiker_innen auf, sich für die Abschaffung diskriminierender Gesetze einzusetzen, allen voran für die Abschaffung der Paragraphen 209, 220 und 221 im Strafgesetzbuch.

Diese s.g. Sonderparagraphen waren nach der Abschaffung des Totalverbots von Homosexualität (durch die Regierung Kreisky im Jahr 1971) eingeführt worden und setzten dem Leben gleichgeschlechtlich Liebender in Österreich in den 1990er-Jahren noch enge Grenzen.

Nach §209 wurde beispielsweise die sexuelle Mündigkeit von homosexuellen und heterosexuellen Männern als unterschiedlich bewertet: „Eine Person männlichen Geschlechts, die nach Vollendung des 19. Lebensjahres mit einer Person, die das 14., aber noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet hat, Unzucht (!) treibt, ist mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis fünf Jahren zu bestrafen“. Gleichzeitig bedeutete diese Regelung, dass Homosexualität von Männern und Frauen unterschiedlich eingestuft wurde – jene von Frauen wurde (da sie von den Gesetzgebenden nicht mit Penetration in Verbindung gebracht wurde) nicht in gleicher Weise reglementiert. §220 schrieb ein Verbot von Werbung für „Unzucht mit Personen des gleichen Geschlechts oder mit Tieren“ vor, §221 verbot die „Begünstigung gleichgeschlechtlicher Unzucht“.

Weiters stand homosexuellen Partner_innen in den 1990er-Jahren kein Informationsrecht bei Spitalsaufenthalten ihrer Lebensgefährt_innen zu – sie hatten darüberhinaus unter zahlreichen anderen strukturellen und gesellschaftlichen Diskriminierungen zu leiden.

Die Forderungen der SoHo, die zu dem Zeitpunkt noch kein verankertes Netzwerk war, stießen auf großen Zuspruch innerhalb der SPÖ. So sprach sich beispielsweise Erwin Niederwieser (zu dem Zeitpunkt NR-Abgeordneter) für die „Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften“ aus, viele andere, darunter Brigitte Ederer, versicherten Unterstützung.

Neben der aktiven Arbeit im Kontaktaufbau zu den Entscheidungsträger_innen in der Partei haben SOHO-Aktivist_innen auch im Wahlkampf 1994 mitgewirkt. Ziele der Aktivist_innen waren – laut erhaltenen Protokollen – Sensibilisierung und Lobbying innerhalb der SPÖ, Gesundheits- und Sozialpolitik, das Fördern einer (in dem Fall) schwulen Subkultur und – als finale Ambition – die Anerkennung der Gruppe in der Partei.

Solidarität als Kooperation

Bis zur statutarischen Verankerung als offizielles LGBTIQ-Netzwerk der Sozialdemokratie es damals noch ein langer Weg, doch konnte die SOHO in Zusammenarbeit mit dem VSStÖ Wien am Schmerlingplatz 2 das vorhandene Netz aufbauen, die Infrastruktur nutzen und gemeinsam mit dem VSStÖ Veranstaltungen planen und umsetzen.

Ein Ausschnitt aus dem Folder der SoHo, der gemeinsam mit dem VSStÖ 1994/95 herausgegeben wurde, zeigt die politische Verortung der Organisation:

„Die SoHo versteht sich als politische Gruppe innerhalb der schwullesbischen Bewegung. Wir sind offen für alle Lesben und Schwule und ihren SympathisantInnen, die davon überzeugt sind, dass Homosexualität keine Privatangelegenheit ist. Zumindest solange nicht, als sich der Staat und die Gesellschaft in unsere zwischenmenschlichen Beziehungen einmischen.

Leitgedanke unserer Arbeit sind die Grundwerte des demokratischen Sozialismus: Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit und Solidarität. Wir nehmen diese Grundwerte ernst und meinen, dass eine Gesellschaft, die sich daran orientiert, zwar ethische Normen einfordern und deren Einhaltung gesellschaftlich möglich machen kann, sie kann aber nicht Verhaltensweisen und Lebensformen – auch nicht jene, die von der Bevölkerungsmehrheit geteilt werden – vorschreiben. Eine offene und vielfältige Gesellschaft, wie wir sie verwirklicht sehen wollen, muß die Lebensmuster sexueller Minderheiten ohne jedes Augenzwinkern akzeptieren.“

Es wurden Workshops und Diskussionsabende zu aktuellen Themen organisiert, die Pressearbeit vorangetrieben und an einem Ausbau der Strukturen für eine langfristige Verankerung gearbeitet. Auch in der Zeitschrift „Offensiv“, die vom VSStÖ Wien herausgegeben wird, finden sich regelmäßig Artikel, die sich mit der Ungleichbehandlung von Homo- und Bisexuellen, sowie Transgender-Personen befassen.

Koordiniert wurde die Arbeit der SoHo insbesondere von Heinz Miko und Felix Görner, die als Gründungsvorsitzende fungierten.


Schrittweise Institutionalisierung

1996 wurde die SoHo als Initiative in der SPÖ Wien verankert. In einer Sitzung am 19. Oktober 1998 wurde klar, dass die SoHo vor dem Problem stand, zwei eine große Zahl an Interessent_innen (rund 150 Personen) zu haben, aber weder über ein Budget, noch Strukturen zu verfügen. Ebenso fehlte die Anerkennung durch die Bundespartei und damit die Sitze in den entsprechenden Gremien. Als Schlussfolgerung professionalisierten die Aktivist_innen ihre Arbeitsweise und erarbeiteten einen Antrag, um zu einem fix verankerten Teil der Partei zu werden.

Am Welt-Aidstag 1998 war es dann soweit: Die SoHo stellte ein offizielles Ansuchen an die SPÖ-Bundespartei zur Zulassung der Initiativgruppe gemäß §28 des Organisationsstatuts durch den Bundesparteivorstand. Unterzeichner_innen des Antrags waren Kurt Zernig, Felix Görner, Günther Tolar, Hans-Peter Weingand, Manfred Wolf, Elvira Franta, Günter Ferlin, Roberta Grandl, Irene Brickner, Raoul Fortner und Heinz Schubert.

Am 14. September 1999 wurden dann die SoHo und der Verein Sozialdemokratie & Homosexualität, Arbeitsgemeinschaft für Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender-Personen in der österreichischen Sozialdemokratie (SoHo Österreich) mit Vereinsbasis im ega (dem Kommunikationszentrum der SPÖ-Frauen) gegründet. Es fand die erste Wahl des Vorstandes statt. Außerdem wurde nicht nur eine Bundesorganisation gegründet, sondern es wurden auch zwei Landesorganisationen ins Leben gerufen: die SoHo Wien und die SoHo Steiermark, die damit Teil des Status waren. Dies war die Voraussetzung um dann im April 2000 als befreundete, rechtlich eigenständige, Organisation der SPÖ anerkannt zu werden und Delegierte zum Parteitag entsenden zu dürfen.

Ab diesem Zeitpunkt begann die aktive Entwicklung bundesweiter SoHo Strukturen: So wurden weitere Landesgruppen in Oberösterreich, Tirol, Salzburg und Vorarlberg gegründet und es erfolgte der Einzug der Bundesorganisation in die SPÖ-Zentrale in der Löwelstraße. Gleichzeitig weiteten die Aktivist_innen ihre Themenfelder aus, fokussierten sich auf Intersektionalität, arbeiteten Forderungen für den Bereich „sexuelle Orientierung und Beeinträchtigung“ sowie „Sexualität und Migration“ aus.

Die zahlreichen Veranstaltungen und Sensibilisierungsoffensiven der SOHO wurden mit vielen Erfolgen gekrönt: 2002 wurde der §209 durch den Verfassungsgerichtshof aufgehoben. Eine erste parlamentarische Abstimmung hierzu fand am 17. Juli 1998 statt, eine erforderliche Mehrheit zur Abschaffung konnte unter Druck der ÖVP allerdings nicht gefunden werden.


Die Zeit des Aufschwungs

Die 2000er-Jahre waren für die SoHo sowohl von einer immer stärkeren Verankerung in den Strukturen der Sozialdemokratie, als auch von zahlreichen inhaltlichen Erfolgen geprägt. Im Jahr 2000 übernahm die TV-Legende Günter Tolar den Bundesvorsitz der Organisation und brachte der SoHo damit zusätzliche Öffentlichkeit. Seine Amtszeit dauerte bis 2007 und gab der SoHo die Möglichkeit, ihre Forderungen auf den verschiedensten Ebenen in der SPÖ zu festigen.

Tolars Nachfolger wurde 2007 der Wiener Peter Traschkowitsch. In dieser Zeit nutzte die SoHo ihre Chancen, um vor allem LGBTIQ- und Menschenrechtsforderungen in die Arbeit der neuen SPÖ-geführten Bundesregierung einzubringen. In Zusammenarbeit mit vielen SPÖ-PolitikerInnen lag der Hauptfokus in jener Zeit vor allem auf dem Abbau rechtlicher Diskriminierungen gegen Mitglieder der LGBTIQ-Community. Themen wie „Homosexualität im Alter“ oder die stärkere Unterstützung für Transgender-Personen standen dabei im Zentrum. Gleichzeitig arbeitete die SoHo gemeinsam mit zivilgesellschaftlichen Organisationen insbesondere daran, auch Diskriminierungen in den Rechtssystemen der Bundesländer abzubauen. Kernstück der sozialdemokratischen Gleichstellungspolitik jener Jahre war aber natürlich die Einführung der Eingetragenen Partnerschaft, als erste rechtliche Absicherung gleichgeschlechtlicher Partner_innen in Österreich ab dem 1. Jänner 2010. Durch massiven Widerstand der ÖVP wies die Eingetragene Partnerschaft anfangs noch viele Unterschiede zur klassischen Ehe auf – sie bot aber die Möglichkeit, in den folgenden Jahren sowohl rechtlich, als auch vor Gericht immer mehr dieser Schlechterstellungen aufzuheben.


#StärkerGemeinsam – Die Neuausrichtung der SoHo

Im Zuge dieser Erfolge begann die SoHo sich ab 2015 immer stärker nicht nur als Thinktank innerhalb der Sozialdemokratie zu begreifen, sondern auch in der Öffentlichkeit noch aktivistischer aufzutreten. Das wurde besonders im Wiener Gemeinderatswahlkampf 2015 deutlich, in dem die SoHo Wien unter dem Motto „Akzeptanz lieben – Akzeptanz leben“ eine starke Kampagne auf die Beine stellte.

Ein besonderer Meilenstein der sozialdemokratischen LGBTIQ-Politik folgte dann im Jahr 2016 mit dem ersten Auftritt eines amtierenden Bundeskanzlers auf der Bühne der Wiener Regenbogenparade. Das klare Bekenntnis von Christian Kern zur völligen Gleichstellung brachte gemeinsam mit dem öffentlichen Outing des design. SPÖ-Bundesratspräsidenten Mario Lindner auf derselben Bühne neuen Schwung in die Arbeit der SoHo. Im Gefolge dieser Veränderungen kam es auf einer Bundeskonferenz im Juni 2017 dann auch zu einem Generationenwechsel innerhalb der Organisation – Mario Lindner folgte als Bundesvorsitzender Peter Traschkowitsch nach und startete gemeinsam mit einem jungen Team in eine neue Ära der SoHo-Arbeit.

Unter dem Motto „Stärker.Gemeinsam.“ zeigte die SoHo dann auch im Nationalratswahlkampf 2017, ihre neuen, aktivistischen Schwerpunkte und schaffte es, die SPÖ laut der bundesweiten LGBTIQ-Wahlumfrage erstmals zur stärksten Partei in der Community zu machen. Inhaltlich lag der Fokus dabei vor allem auf klaren Bekenntnissen zur völligen rechtlichen Gleichstellung (Stichwort „Ehe für ALLE“), sowie zum Bekenntnis der SoHo als feministischer, internationalistischer und vor allem bundesweit verankerten Organisation. Mario Lindner gelang durch diesen Wahlkampf auch der Einzug in den Nationalrat, wo die SoHo seitdem erstmals mit einem Abgeordneten vertreten ist.

Bisherige Vorsitzende der SOHO:

  • Heinz Miko (1994-1998)
  • Felix Görner (1998-2000)
  • Günter Tolar (2000-2007)
  • Peter Traschkowitsch (2007-2017)
  • Mario Lindner (seit 2017)

Hier geht’s zum Beitrag „20 Jahre SoHo Österreich“ aus dem Jahr 2019:

STÄRKER.GEMEINSAM. 20 Jahre SoHo Österreich.