Ackerl: Bestürzung über plötzlichen Kirchenzeitungs-Rückzieher

Utl.: Tolar: “Beispiellos erbärmliches Zeichen der Mutlosigkeit”

3. 11. 1999 – Wien (SK) “Einen Solidaritätspreis per Brief und Siegel zuzuerkennen, um ihn im letzten Moment aus taktischen Ängsten wieder zurückzuziehen, ist undemokratisch und diese Vorgangsweise macht mich äußerst bestürzt”, erklärte Oberösterreichs Sozial Landesrat Josef Ackerl heute zum Vorgehen der Linzer Kirchenzeitung gegenüber der Homosexuellen Initiative (HOSI) Linz. Der an Gruppen sowie Einzelpersonen verliehene Preis wird gemeinsam von der Linzer Kirchenzeitung, dem Sozialreferat des Landes Oberösterreich und der Stadt Linz gestiftet. Günter Tolar, Bundessprecher der SPÖ-Initiative Sozialismus & Homosexualität(SoHo), konstatierte: “Ein derart beispielloses Zeichen der Mutlosigkeit gerade dort, wo Menschen in ihrem sozialen Engagement bestärkt werden sollten, ist zutiefst unchristlich und erbärmlich.”

Auch die Kirche muß mit Homosexualität offen umgehen Sinn und Zweck eines Solidaritätspreises sei ja, so Landesrat Ackerl, “gerade solche Menschen in ihrem Eintreten für andere zu ermutigen, die dabei gegen Gleichgültigkeit oder Widerstände und Vorurteile ankämpfen müssen. Erst recht, wenn sie dabei mutig persönliche Nachteile in Kauf nehmen müssen, wie jüngst das unwürdige Spiel um die Kandidatur des Linzer HOSI Sprechers für ein öffentliches Amt bewiesen hat.” Neuerlich stelle sich die Frage, wozu erst eine unabhängige Jury eine sachgerechte Entscheidung treffe, wenn diese anschließend durch Intervention hinter den Kulissen vom Tisch gefegt werde. “Das kehrt die in festlichem Rahmen gesprochene hehren Worte über Solidarität in eine Verhöhnung von Zivilcourage um”, stellte der Landesrat fest.

Der katholischen Kirche, die offiziell gern das Eintreten für gesellschaftlich benachteiligte Menschen propagiere, rät Ackerl nachdrücklich zu einem offeneren Umgang mit Homosexualität, “nicht zuletzt in den eigenen Reihen. Denn schließlich erhebt diese christliche Institution den Anspruch, Menschen in der Wahrheit des Lebens zur Seite zu stehen.”

Solidarität ist heute nötiger denn je SoHo-Bundessprecher Tolar betonte: “Solidarität ist nötiger denn je in einer Zeit, in der viele Menschen vor allem nach persönlichem Vorteil streben und gleichzeitig das populistische Schüren von Ängsten auf fruchtbaren Boden fällt. Das muß gerade einer christlichen Glaubensgemeinschaft bewußt sein. Umso beschämender ist es, wenn eine ihrer Institutionen ihre eigene richtige Entscheidung mit Füßen tritt, damit gegen ihre Grundsätze ein erbärmlich entmutigendes Vorbild abgibt und der gesellschaftlichen Entsolidarisierung Vorschub leistet.”(Schluß) cs