Tolar: “Nein zum verfassungswidrigen Gleichbehandlungsgesetz, Ja zum Antidiskriminierungsgesetz für alle

26. 11. 2003 – Wien (SK) “Nein zum verfassungswidrigen Gleichbehandlungsgesetz, Ja zum gerechten Antidiskriminierungsgesetz für alle!”, forderte der Verein SoHo (Sozialismus & Homosexualität) am Mittwoch in einer Pressekonferenz. Heftige Kritik an der jüngst beschlossenen Regierungsvorlage des Gleichbehandlungsgesetzes, das ÖVP/FPÖ noch heuer im Parlament beschließen wollen, übten Günter Tolar (Bundesvorsitzender der SoHo), Renate Csörgits (Frauenvorsitzende und Vizepräsidentin des ÖGB), Heinz Patzelt (Generalsekretär Amnesty International Österreich), Dieter Schindlauer (Obmann von ZARA – Zivilcourage und Antirassismusarbeit, Verfasser des Boltzmann-Institut-Entwurfs für ein Antidiskriminierungsgesetz) und Helmut Graupner (Präsident des RKL – Rechtskomitee Lambda sowie Österreichs Mitglied der EU-Experten-Arbeitsgruppe zur Bekämpfung der Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung).

“Die Gesetzesvorlage der Bundesregierung beinhaltet eine verfassungswidrige Konstruktion der Weisungsfreiheit”, kritisierte Tolar. So waren im Begutachtungsentwurf zum Gleichbehandlungsgesetz noch drei Verfassungsbestimmungen zur Weisungsfreiheit der GleichbehandlungsanwältInnen sowie zwei Verfassungsbestimmungen zur Weisungsfreiheit der Senatsvorsitzenden der verschiedenen Gleichbehandlungssenate enthalten. Diese sind nun verschwunden, stattdessen spaltet die Regierung die Gremien und AnwältInnen vom eigenen Gesetz ab und streut sie in das alte Gleichbehandlungsgesetz ein. So sind aus zwei Begutachtungsentwürfen drei Gesetze geworden. “Die Regierung muss deswegen mit der SPÖ nicht über ein vernünftiges Antidiskriminierungsgesetz verhandeln”, empörte sich Tolar, und das Gesetz fällt somit unter das “Damoklesschwert der Verfassungswidrigkeit”.

Als einen “Gesetzeseintopf” bezeichnete Günter Tolar die Regierungsvorlage des Gleichbehandlungsgesetzes. Er kritisierte, dass die Bundesregierung mit ihrem Entwurf Antidiskriminierung/Antirassismus mit der Männer/Frauen-Gleichbehandlung vermischt. Dadurch würden die individuellen Anliegen und Gleichstellungsmaßnahmen der einzelnen Gruppen (ausgenommen Behinderte) verloren gehen, gleichzeitig aber erst recht wieder zwischen den verschiedenen Schutzniveaus verschiedener Gruppen diskriminiert, betonte Tolar. “Die Absicht der EU war es, ein Bewusstsein für Antidiskriminierung zu schaffen, die ÖVP-FPÖ verweigert aber sogar den Begriff bewusst”, monierte Tolar. “Antidiskriminierung findet für die Regierung nur in der Überschrift statt”, sagte Tolar. Die Bundesregierung habe nur nach massiver Begutachtungs-Kritik zur Kosmetik zwei Überschriften in ihrer Vorlage ergänzt. “Das hat aber leider keinerlei Auswirkung auf die Gesetze”, erklärte Tolar.

Tolar begrüßte, dass Behinderte eine eigenes Behindertengleichstellungsgesetz erhalten, “für alle anderen diskriminierten Gruppen sind jedoch keinerlei aktive Gleichstellungsmaßnahmen vorgesehen, wie die Absicherung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften für Homosexuelle”, so ein weiterer wesentlicher Kritikpunkt. Diskriminierung auf Grund von Rasse/ethnischer Herkunft wird auch außerhalb der Arbeitswelt bekämpft, alle anderen Gruppen werden nur in der Arbeitswelt vor Diskriminierung geschützt, führte Tolar weiter aus. Auch eine Unabhängigkeit von Senaten und Anwaltschaft sei nicht gegeben und das Budget sei zu gering, bemängelte Tolar. Tolar betonte, dass all diese diskriminierenden Unterschiede in der Behandlung diskriminierter Gruppen bei einer richtlinien-konformen Adaptierung des Ludwig-Boltzmann-Instituts-Entwurfs für ein einheitliches Antidiskriminierungsgesetz nicht passiert wäre.

Auch für Csörgits sind die Gesetzesvorlagen der Bundesregierung “absolute Husch-Pfusch-Gesetze”. “Diese Gesetzesvorlagen sind nicht brauchbar” so Csörgits. Sie appellierte an die Bundesregierung an den Start zurückzukehren und Sozialpartner und NGOs miteinzubeziehen.