Utl.: SoHo protestiert gegen Lindners Äußerungen zu Homosexuellen
25. 11. 2003 – Wien (SK) Die SoHo (Verein Sozialismus & Homosexualität) protestiert gegen die jüngsten Aussagen von ORF-Generaldirektorin Monika Lindner betreffend “schwule Dismissed-Folgen”. Lindner hatte in einem Interview mit dem “trend” (aktuelle Ausgabe, Seite 72) auf die Frage nach dem Verbot einer Ausstrahlung von “Dismissed”-Folgen mit homosexuellen TeilnehmerInnen gemeint: “Ja, das stimmt. Da war ich der Meinung, ohne dass ich irgendjemanden diskriminieren will, dass diese Folge am Samstag um 17 Uhr nicht angebracht ist. Wenn man schon glaubt, dass man sie spielen muss, sollte man sie in der Nacht spielen.”
Der offene Brief von SoHo-Bundesvorsitzenden und ORF-Publikumsrat Günter Tolar im Wortlaut:
“Sehr geehrte Frau Generaldirektorin!
Es ist Ihnen hoffentlich klar, dass die von Ihnen öffentlich vertretene Entscheidung, die homosexuelle Folge von “Dismissed” nicht um 17 Uhr zu senden, von uns mit allen Mitteln bekämpft und angeprangert wird.
Das ist eine offene Diskriminierung einer großen Menschengruppe, die in zwei Dritteln der zivilisierten Welt bereits volle Gleichstellung genießt. Es ist mir schleierhaft, wie ein Unternehmen, das einerseits bedenken- und gedankenlos “Dismissed” überhaupt sendet, dann noch den stinkfaden “Bachelor” draufhaut, sich bei Homosexuellen plötzlich zu einer Entscheidung durchringt, die man sich in ihrer Klarheit bei anderen Themen wünschen würde.
Ich bin mittlerweile schon mehrmals zu dem Thema interviewt worden und habe es dort schon gesagt: zuerst Frauenfeindlichkeit, jetzt Homophobie – und das in einer Zeit, in der der ORF es sich sicherlich nicht leisten kann, Publikum derart massiv zu vertreiben. Wenn das der Weg ist, den Quotenschwund aufzuhalten, dann stehe ich nicht an, derartige Aktionen (wer immer dafür verantwortlich ist, laut Ihrer Aussage sind Sie das gar nicht immer selber) als Dummheit zu bezeichnen.
Seien Sie versichert, dass wir die Sache nicht auf sich beruhen lassen werden. Daher sende ich Ihnen als Publikumsrat und SoHo-Bundesvorsitzender diesen “offenen Brief”. Auch mit Publikumsrat und Stiftungsrat bin ich bereits in Verbindung getreten. Ich erwarte mit Spannung ihre offizielle Stellungnahme in dieser Angelegenheit.
Abschließend eine Bitte: Sagen Sie nie mehr “ich will niemand diskriminieren, aber das kann um 17 Uhr nicht gesendet werden”. Was bitte ist das anderes, als Diskriminierung?
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Günter Tolar”