02. 11. 1999 – Wien (SK) “Wir haben damals wirklich etwas bewegt”, resümierte der außenpolitische Sprecher der SPÖ, Abgeordneter Peter Schieder, anläßlich des Österreichischen Lesben- und Schwulenforums (ÖLSF) über die 1971 erfolgte Abschaffung des Totalverbots von Homosexualität. Er berichtete von der “kleinen Strafrechtsreform” und welche Hürden damals überwunden werden mußten. “Uns ist es im Ausschuß gelungen, eine Mehrheit in der ÖVP von unserem Vorhaben zu überzeugen”, erinnerte er sich an die “heftigen Diskussionen im Justizausschuß” und stellte fest, “daß so schlußendlich die gesamte kleine Strafrechtsreform mit einer breiten parlamantarischen Mehrheit angenommen wurde.”
Er bedauerte, dass “im Zuge der Abschaffung des Totalverbotes aus einem Kompromiss heraus andere Strafbestimmungen entstanden sind, von denen der Paragraph 209 noch immer aktuell ist”. Schließlich stellte Schieder fest, dass “wir das nicht nur für die betroffenen Menschen, sondern eigentlich für uns selbst, für unsere Überzeugungen, getan haben, und aus diesen Gründen wird sich die SPÖ auch weiterhin für diese Anliegen einsetzen.”
Günter Tolar, Bundessprecher der SPÖ-Initiative Sozialismus & Homosexualität (SoHo) meinte dazu, dass “die SPÖ hier jetzt wieder die entscheidenden Impulse liefern muss, damit die Menschen die Erfolge unserer Politik noch zu ihren Lebzeiten spüren. Die SPÖ muss ihre möglichen Partner, sei es in Regierungsverhandlungen oder im Parlament, von unseren Anliegen überzeugen, wobei das Einbringen von sinnlosen Anträgen ohne Chance auf eine parlametarische Mehrheit nicht unser Stil sein sollte.” Vielmehr müsse “die SPÖ wieder dafür sorgen, dass unsere Forderungen mehrheitsfähig werden, noch dazu, wo es ja in jeder Partei Menschen gibt, die das Thema Homosexualität betrifft.” Es handle sich hier ja “um keine politischen sondern zutiefst menschliche Anliegen, die eigentlich in jeder fortschrittlich denkenden Partei Platz haben sollten.” Er werde sich daher “persönlich um ein breites Verständnis aller möglichen Partner im Parlament bemühen, und hier in der nächsten Zeit Menschen in allen Parteien ansprechen.”
Görner: Rechtsystem braucht Sprung ins 21. Jahrhundert
SoHo-Vorsitzender Felix Görner stellte fest, dass “ein Rechtsvergleich mit allen anderen Staaten der Europäischen Union zeigt, dass Österreich hier seit mehr als einem Jahrzehnt steckengeblieben ist.” Im Zuge der Europäisierung des österreichischen Rechtssystems werde “Österreich hier sowieso jene Bestimmungen nachvollziehen müssen, die in vielen anderen Staaten der EU längst geltendes Recht sind, sei es die Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften oder die Abschaffung von unterschiedlichen Altersgrenzen für homosexuelle Männer, die nur noch in Großbritannien vom Oberhaus blockiert wird und sonst schon überall durchgesetzt wurde.” Drei Jahrzehnte nach Stonewall und zwei Jahrzehnte nach Gründung der HOSI-Wien sei “es fast unvorstellbar, dass vor 30 Jahren Homosexualität noch strafbar war. Ähnlich ungläubig werden zukünftige Generationen auf die derzeitigen Widerstände gegen eine Gleichstellung in allen Lebensbereichen zurückblicken.” Es sei daher “hoch an der Zeit, im Rahmen von Gesprächen über die Zukunft Österreichs auch in diesen Fragen einen Sprung vorwärts ins 21. Jahrhundert zu schaffen.” (Schluss) ah/mp