Schmidjell/Djundja: Reale Familiensituationen sind vielfältig und bunt
Familie ist dort, wo Kinder sind – und zwar in unterschiedlichsten Lebensformen. Die Zahl von Alleinerziehenden mit Kindern, aber auch Patchwork-Familien oder Familien mit Adoptiv- und Pflegekindern nimmt zu. Auch homosexuelle Eltern, egal ob mit eigenen Kindern aus früheren Partnerschaften oder mit Pflegekindern, sind ein Teil der sozialen Realität. Für sie, die Regenbogenfamilien – benannt nach dem Symbol der Regenbogenfahne, die in vielen Kulturen weltweit als Zeichen der Toleranz, Vielfalt und Hoffnung angesehen wird – braucht es Akzeptanz.
„Kinder brauchen in erster Linie Zuwendung und Geborgenheit. Faktoren, die in jeder Form des Zusammenlebens bzw. des Familienverbandes gewährleistet werden können. Regenbogenfamilien sind seit Jahren gelebte Realität. Wo Menschen glücklich zusammenleben, darf es keine Diskriminierung mehr geben“, erklärte Mag.a Cornelia Schmidjell, Landesrätin für Gesundheit und Soziales.
In der Gesellschaft waren homosexuelle Lebensweisen und auch von dieser praktizierte Elternschaft lange Zeit verpönt und tabu, so dass Diskriminierungen und sozialer Ausschluss für die Betroffenen eine große persönliche, soziale und gesundheitlich nachteilige Last waren. Die Gesellschaft ist offener geworden und Regenbogenfamilien sind gelebte Realität. Wissenschaftlich ist seit längerem erwiesen, dass es keine grundlegenden Unterschiede beim Aufwachsen von Kindern in traditionellen und in Regenbogenfamilien gibt. Vorliegende internationale Studien, so die des deutschen Justizministeriums, bekräftigen, dass es hinsichtlich der Verhaltens- und Entwicklungschancen keine Unterschiede gibt. Kinder und Jugendliche homosexueller Eltern sind genauso oft heterosexuell orientiert, wie Kinder heterosexueller Eltern. Kinder homosexueller Eltern zeigen in keiner Weise häufiger Verhaltensstörungen, als Kinder heterosexueller Eltern. Eine Mehrheit der Kinder erleben keine Diskriminierungen aufgrund ihrer Familienerfahrungen. Jene Kinder, die Stigmatisierungen erleben, können konstruktiv damit umgehen und werden von ihren Eltern gut aufgefangen. Kinder in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften unterliegen keinem höheren Risiko, Opfer sexuellen Missbrauchs zu werden.
„Es gibt daher keinen Grund, Regenbogenfamilien die Anerkennung zu verwehren und sie nicht als gleichwertig mit allen anderen Familienformen zu betrachten. Es kann auch Vorteile haben, ein Teil einer Regenbogenfamilie zu sein: Regenbogenkinder sind immer Wunschkinder“, so Schmidjell.
Die SoHo Salzburg macht daher in Kooperation mit der SPÖ Salzburg in Form einer Informationskampagne auf die Situation von Regenbogenfamilien aufmerksam, damit der Diskriminierung von Regenbogenfamilien ein Ende gesetzt wird. Mit der Anerkennung von Pflege und Erziehung durch gleichgeschlechtliche Paare wird auch ein Bekenntnis dazu abgegeben, dass die am besten für die Tragung der Verantwortung geeigneten Personen zum Einsatz kommen, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung. Dieser Grundsatz muss auch für die Pflegeelternschaft gelten: Sie soll Homosexuellen nicht verwehrt werden, wenn sie alle für eine Pflegeelternschaft notwendigen Voraussetzungen – wie wirtschaftliche und soziale Sicherheit sowie entsprechende Ausbildung zur Pflegeelternschaft – erfüllen. „Lesben und Schwule können genauso gute Eltern sein, wie heterosexuelle Paare und übernehmen Verantwortung für das Wohl ihrer Kinder. Ich finde es gut und wichtig, dass es im Bundesland Salzburg möglich ist, dass Homosexuelle ein Kind in Pflege nehmen“, so der Landesvorsitzende der SoHo Salzburg Georg Djundja.
Der Weg zur Pflegeelternschaft
Damit man Pflegemutter oder Pflegevater werden kann, müssen viele Voraussetzungen erfüllt sein. Immer steht das Wohl des Kindes im Vordergrund, so dass eine Inpflegenahme nur möglich ist, wenn die persönliche Eignung der Pflegeeltern, eine stabile Lebenssituation im familiären, gesundheitlichen, sozialen und finanziellen Bereich, ein angemessener Altersunterschied zwischen Pflegekind und Pflegeeltern, eine absolvierte Pflegeelternausbildung, entsprechende Wohnverhältnisse und natürlich auch die Tatsache, dass keine Vorstrafen vorliegen, geprüft und positiv festgestellt werden.
Im Land Salzburg werden ca. 300 Pflegekinder in rund 240 Pflegefamilien betreut und erzogen. Da es gesetzlich im Bundesland Salzburg keine Einschränkungen gibt, ist die sexuelle Orientierung des jeweiligen Elternteiles, der ein Kind in Pflege nehmen will, nicht von Relevanz. (Derartige Regelungen wären auch nach der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte diskriminierend und daher unzulässig). Schmidjell dazu: „Wir sind immer auf der Suche nach geeigneten Pflegeeltern. Bei der Überprüfung der Eignung interessierter Personen ist die sexuelle Orientierung unbeachtlich. Wichtig und entscheidend ist allein, dass die Eignung festgestellt wird, bestens für das Wohl des Kindes zu sorgen“.
SoHo fordert Streichung des Adoptionsverbots
Am 17. Mai findet zum 8. Mal der „Internationale Tag gegen Homophobie und Transphobie“ statt. Anlässlich dieses Tages macht die SoHo Salzburg auf die Ungerechtigkeiten im Gesetz zur Eingetragenen Partnerschaft (EPG) aufmerksam. “Der mögliche Kinderwunsch von Lesben und Schwulen wird im Gesetz ebenso wie die bereits gelebte Lebensrealität der Regenbogenfamilien ignoriert. Daher soll hier eine rechtliche Gleichstellung erfolgen. Denn Familie ist, wo Menschen sich lieben und Kinder verantwortungsvoll erzogen werden”, betont Djundja.
Die Adoption eines Kindes ist homosexuellen Paaren in Österreich verboten. Ausgeschlossen ist auch die Adoption des Kindes der Partnerin oder des Partners. Lediglich eine Einzeladoption ist möglich. Auch ist alleinstehenden Frauen sowie lesbischen Paaren die künstliche Befruchtung vom Gesetz her verwehrt.
Gesundheitsminister Alois Stöger tritt dezidiert für das Adoptionsrecht von Homosexuellen sowie die künstliche Befruchtung für lesbische Paare und alleinstehende Frauen ein. Unterstützung bekommt er dafür auch von der SoHo Salzburg (Sozialdemokratie und Homosexualität):
„Die Diskriminierung von Lesben und Schwulen, die in ihren Beziehungen Kinder aufziehen und gute Eltern sind, muss endlich aufhören. Die Vorstellung, dass eine Familie nur aus Vater, Mutter und Kind besteht, hat im 21. Jahrhundert keine Berechtigung mehr. Erzkonservative Kreise müssen erst im 21. Jahrhundert ankommen. Stief- und Fremdkindadoption, sowie die künstliche Befruchtung müssen für alle österreichischen Familien möglich werden“, fordert Georg Djundja, Landesvorsitzender der SoHo Salzburg.
Hierzu ergänzt Mag. Johannes Wahala, Präsident der österreichischen Gesellschaft für Sexualforschung und Leiter des Beratungszentrums Courage: „Kinder wachsen gut auf, wo sie geliebt werden. Kinder wachsen bei zwei Müttern oder zwei Vätern, also bei Regenbogeneltern, genauso gut auf wie in anderen Lebensgemeinschaften. Maßgeblich ist eine gute Eltern-Kind-Beziehung unabhängig vom Geschlecht“. Mag. Wahala fordert hier auch die Anpassung der Gesetze an die Vielfalt unserer Gesellschaft: „Denn es bedarf einer gleichberechtigten rechtlichen Absicherung aller Kinder, sowohl in heterosexuellen als auch homosexuellen Lebensgemeinschaften.“
Völlige Gleichstellung von Lebenspartnerschaften
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat unlängst festgestellt, dass es keine Diskriminierung darstellt, wenn es zwei Rechtsinstrumente wie eben die Ehe und die Eingetragene Partnerschaft gibt. Eine Diskriminierung liegt aber vor, wenn in den Materien und Begleitgesetzen eine Ungleichbehandlung fest gelegt wird. Unter anderem hat der EGMR auch entschieden, dass, soweit ein Mitgliedsstaat die Adoption durch eine Einzelperson zulässt, diese unabhängig von der sexuellen Orientierung zu gewähren ist.
„Das Ziel der SoHo ist natürlich die Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare. Einfach die Hetero-Rechte auf die Homos zu übertragen,“ wäre aber laut Vorsitzendem Djundja zu kurz gedacht. „Zur Diskussion steht eine breite gesellschaftliche Entwicklung: Was ist eigentlich mit den vielen hetero- und homosexuellen Paaren, die ohne Trauschein zusammenleben und genauso Verantwortung füreinander übernehmen? Gibt es irgendeinen triftigen Grund, dass der Staat sie zu Paaren zweiter Klasse macht? Somit wäre eine völlige Gleichbehandlung und Gleichstellung der konsequente Schritt“, so Djundja. „Vorurteile müssen abgelegt werden und die weitere Anpassung der gesellschaftlichen Lebensumstände an die Realitäten des 21. Jahrhunderts muss tagtäglich gelebt werden. Genau dafür steht und arbeitet die SoHo“, betont der Landesvorsitzende der SoHo Salzburg abschließend.
Daten und Fakten:
17. Mai Internationaler Tag gegen Homophobie und Transphobie
Der Internationale Tag gegen Homophobie (engl. International Day Against Homophobia, IDAHO) wird seit 2005 jeweils am 17. Mai begangen.
Das Datum wurde zur Erinnerung an den 17. Mai 1990 gewählt, den Tag, an der die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Homosexualität aus ihrem Diagnoseschlüssel strich. (Quelle Wikipedia).
Foto: SoHo Salzburg
v.l.n.r:
Georg Djundja (Landesvorsitzender SoHo Salzburg)
Mag.a Cornelia Schmidjell (Landesrätin für Gesundheit und Soziales)
Barbara Schlachter (Bundesobfrau Familien Andersrum Österreich)
Mag. Johannes Wahala (Präsident ÖGS, Leiter Beratungszentrum Courage)