Eine Legislaturperiode geht zu Ende. Das ist ein guter Zeitpunkt, um Bilanz zu ziehen. Wie schaut‘s aus mit der Gleichstellung von Lesben und Schwulen in Wien? Was haben wir weitergebracht? Was gibt es noch zu tun?
Ich habe ein klares Ziel vor Augen: Wien soll eine Stadt der Offenheit und des gegenseitigen Respekts sein, in der alle Menschen ihre Lebens- und Liebesmodelle frei wählen können. Homophobie darf in dieser Stadt keinen Platz haben! Daher haben wir 2004 ein Antidiskriminierungsgesetz beschlossen, das alle diskriminierten Gruppen in Wien gleich umfassend vor Diskriminierung schützt.
In allen Wiener Landesgesetzen sowie in der Wiener Dienstordnung ist die Gleichstellung homosexueller Menschen längst Realität. Es sei denn, ein Bundesgesetz steht diesem Anliegen entgegen.
Jahrelang haben darum gekämpft, heuer haben wir es endlich bekommen: Das Gesetz zur Eingetragenen Partnerschaft. Ich gebe zu, dass das Gesetz nicht exakt meinem politischen Wunsch entspricht. ÖVP und Kirche haben (nicht nur) bei diesem Thema eine unheilige Allianz zur Verhinderung vollständiger Gleichstellung geschmiedet.
Aber das Gesetz ist zweifellos ein sehr wichtiger Anfang. Bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes war Österreich im europäischen Vergleich bei den Schlusslichtern was die Gleichstellung betrifft. Ein Umstand, der mich immer wieder mit großer Scham erfüllt hat. Konservative Kräfte hatten jahrelang die längst überfällige Entdiskriminierung von Lesben, Schwulen und Transgender-Personen verhindert.
In Wien haben wir das Gesetz darum dankbar angenommen und daraus das Bestmögliche gemacht: Wir haben das Wiener Verpartnerungspaket
geschnürt und dafür gesorgt, dass auch lesbische und schwule Paare ihren Lebenspakt in einem würdevollen und festlichen Rahmen besiegeln können.
Damit entsprachen wir zwar nicht exakt der Intention des Bundesgesetzgebers. Der hätte lieber gehabt, dass die Verpartnerung ein schneller Formalakt im Hinterzimmer eines Amtshauses ist. Aber mit gutem Willen, ein bisschen Kreativität und einer Brise Pfiffigkeit haben wir geschafft, was zuerst unmachbar schien: Überall, wo in Wien geheiratet werden kann, darf man/frau sich auch verpartnern lassen – egal ob mit oder ohne Musik, mit oder ohne Festansprache, mit oder ohne Ringtausch, egal ob im Festsaal oder an einem externen Traumhochzeits-Ort.
Wien führt bei Verpartnerungen
Als das Paket unter Dach und Fach war, haben wir darauf angestoßen. Es war einer jener Momente, wo ich die gestalterische Möglichkeit, die ein politisches Amt mit sich bringt, als besonders erfüllend empfunden habe. Mittlerweile haben sich in Wien rund 300 Paare verpartnern lassen. In ganz Restösterreich sind es ungefähr 150 Paare. Diese Zahlendifferenz dürfte kein Zufall sein.
Dennoch: Das Gesetz kann nur ein Anfang sein. Letztlich brauchen wir die ausnahmslose Gleichstellung gleichgeschlechtlicher mit verschiedengeschlechtlichen Partnerschaften. Um es einmal mehr
ganz klar zu sagen: Wir brauchen die Öffnung des Instituts Ehe für gleichgeschlechtliche Partnerschaften – eine Forderung, die in
vielen anderen Ländern dieser Welt bereits Realität ist.
Die österreichische Variante hat nämlich so manche Tücken: Was Adoption, medizinisch unterstützte Fortpflanzung, Namensrecht oder Stiefkindadoption betrifft, sind gleichgeschlechtliche Paare noch immer diskriminiert. Das ist eine der Schattenseiten des Gesetzes zur Eingetragenen Partnerschaft. Ich setze mich daher für die umfassende
Gleichstellung von Regenbogenfamilien ein. Denn Familie ist, wo Liebe ist.
Nachdem das Wiener Verpartnerungspaket geschnürt war, machten
wir uns an die Gleichstellung der Eingetragenen Partnerschaften in den Landesgesetzen. Auch hier gab es divergierende Vorstellungen. Einige meinten, wir könnten dies hauruck mit einer Generalklausel erledigen – frei nach dem Motto: Überall wo EhepartnerInnen drauf steht, sind eingetragene PartnerInnen mitgemeint. Zugegeben: Das wäre sehr einfach gewesen. Aber wir wollten nicht den Weg des geringsten Widerstands gehen: Ich wollte größtmögliche Rechtssicherheit für die Betroffenen. Und deshalb hat Wien in einem ressortübergreifenden Kraftakt binnen weniger Wochen ganze 44 Landesgesetze novelliert. Denn Rechtssicherheit gibt es nur dann, wenn sich aus jedem Landesgesetz direkt ablesen lässt, ob davon auch eingetragene PartnerInnen erfasst sind und welche Rechte und Pflichten sich
daraus für sie ergeben.
Worauf wir in Wien stolz sind, ist die Präambel, die wir diesen Novellierungen vorangestellt haben. Darin halten wir ausdrücklich fest, „dass eingetragene PartnerInnen als Familienangehörige anzusehen sind“. Mit dieser Präambel haben wir neuerlich einen kreativen Weg gefunden, der restriktiven Linie des Bundesgesetzgebers zu trotzen. Denn geht es nach der ÖVP sind gleichgeschlechtliche PartnerInnen keine Familienangehörigen. Sie dürfen ja bekanntlich auch keinen „Familiennamen“ tragen, sondern müssen sich durch das Tragen eines „Nachnamens“ als gleichgeschlechtlich liebend outen – ob sie das wollen oder nicht!
Wo Wien nicht auf die Vorgaben des Bundes angewiesen war, nämlich im Wiener Dienstrecht, sind gleichgeschlechtliche Paare und deren Kinder vollkommen gleichgestellt: So wurden im Wiener Dienstrecht Kinder eingetragener PartnerInnen mit Stiefkindern von EhepartnerInnen gleichgestellt. Dies ist zum Beispiel bedeutend, wenn es um Kinderzulagen oder Waisenrenten geht. Außerdem kann Teilzeitbeschäftigung zur Pflege eines Kindes auch für ein Kind der eingetragenen Partnerin bzw. des eingetragenen Partners in Anspruch genommen werden. Der Bund sieht diese Möglichkeit nicht vor.
Hinter diesem „Wiener Weg“ steht meine feste Überzeugung, dass Liebe niemals mit zweierlei Maß gemessen werden darf. Dafür stehe ich und dafür werde ich auch in Zukunft meine Stimme erheben!
Sandra Frauenberger
Stadträtin für Antidiskriminierung