Utl.: Justizministerin präsentiert Entwurf zu Lebenspartnerschaftsgesetz =
24.04.2008 – Wien (SK) – „Es ist mir ein großes Anliegen eine aktive Justizpolitik zu betreiben und die rechtlichen Rahmenbedingungen der gesellschaftlichen Realität anzupassen“, erklärte Justizministerin Maria Berger am Donnerstag in einer Pressekonferenz, wo sie einen Gesetzesentwurf für ein Lebenspartnerschaftsgesetz präsentierte. „Der Entwurf sieht eine neue Form der eingetragenen Lebenspartnerschaft vor. Ziel ist die Beseitigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare im Verhältnis zur Ehe. Es ist nicht die Öffnung des Instituts der Ehe für gleichgeschlechtliche Personen, die Kurzfassung Homo-Ehe ist daher unzutreffend, denn es ist keine Ehe, sondern eine zusätzliche Form der eingetragenen Partnerschaft. Diese eingetragene Partnerschaft verweist zwar auf viele Regelungen des jetzt geltenden Eherechts, sie ist allerdings auch keine ‚Ehe light'“, betonte Berger, „denn die Verpflichtungen, die im Zuge einer Ehe einzugehen wären, könnten nicht durch eine Light-Form umgangen werden.“ ****
Berger erklärte, dass ihr der Ministerrat am 2. Mai 2007 gemeinsam mit Familienministerin Kdolsky einen Arbeitsauftrag für eine Familienrechtsreform erteilt, die unter anderem die Anpassung der Rechtssituation gleichgeschlechtlicher Paare enthalten soll. Daraufhin wurden Arbeitsgruppen eingerichtet, deren Vorarbeiten in den Entwurf zum Lebenspartnerschaftsgesetz Eingang gefunden haben. Die Begutachtungsfrist laufe bis 6. Juni 2008, der Arbeitsplan der Bundesregierung sehe vor, dass das gesamte Familienrechtspakt im Juni 2008 im Ministerrat behandelt wird. Es könnte, wenn der Nationalrat zustimmt, mit 1.1.2009 in Kraft treten.
Um die Lebenspartnerschaft von der Ehe abzugrenzen, gibt es im Text keine Verweisungen zum geltenden Eherecht, vielmehr wurde ein eigenes Sondergesetz mit den entsprechenden zivilrechtlichen Regelungen über die wechselseitigen Rechte und Pflichten geschaffen. Zeitgleich mit der familienrechtlichen Anerkennung und Regelung der Lebenspartnerschaft sollen die notwendigen Grundlagen für die Anpassung weiterer Rechtsbereiche, etwa des Sozialversicherungsrechts, statuiert werden, erklärte die Justizministerin.
Berger präzisierte die Details des Entwurfs: „Die Lebenspartnerschaft soll vor dem Standesamt geschlossen werden. Nur dort verfügt man über die nötige Kompetenz und Expertise, um die Voraussetzungen für die Eingehung einer Partnerschaft zuverlässig zu prüfen. Es muss zum Beispiel sichergestellt sein, ob noch eine aufrechte Ehe oder Lebenspartnerschaft besteht oder ob eine Scheidung im Ausland vorliegt. Die Lebenspartnerschaft wird auf Dauer begründet und endet durch Ableben oder gerichtliche Auflösung.“
Weiters sei ein Diskriminierungsverbot für Lebenspartnerschaften vorgesehen. Niemand darf wegen einer eingegangenen Lebenspartnerschaft diskriminiert werden. Der Entwurf entspreche so der Europäischen Menschenrechtskonvention, die das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens festschreibt und ein Diskriminierungsverbot beinhaltet.
Die Rechtswirkungen im Innenverhältnis betreffend, haben die Lebenspartner hat im Wesentlichen die gleichen zivilrechtlichen Pflichten und erhalten die gleichen Rechte wie verheiratete Personen. Die vorgesehenen Verpflichtungen beinhalten die Pflicht zum wechselseitigen Unterhalt, zum Beistand, zur anständigen Begegnung, zum gemeinsamen Wohnen und zur Treue. Damit sollen Diskriminierungen sowohl der verschiedengeschlechtlichen Beziehungen als auch der gleichgeschlechtlichen Personen vermieden werden, es werde keine „Ehe light“ geschaffen.
Rechtswirkungen im Außenverhältnis: In allen Justizgesetzen soll die Position eines Lebenspaares der Stellung eines verheirateten Paares angeglichen werden, zum Beispiel bei Entschlagungsrechten hinsichtlich der Zeugenaussage und beim Eintritt und der Übertragung von Mietrechten und Gleichstellung im Erbrecht. So müsse auch etwa im Kleingartengesetz oder im bäuerlichen Anerbenrecht eine Gleichstellung vorgenommen werden, so Berger.
Die Lebenspartner sollen die Möglichkeit eines gemeinsamen Namens mit Bindestrichmöglichkeit haben. Der Begriff „Scheidung“ sei nicht vorgesehen, die Wirkungen werden aber im Wesentlichen gleich sein. Die Auflösung einer Lebenspartnerschaft erfolge durch eine gerichtliche Auflösung. Die Adoption eines Kindes sei nicht vorgesehen, erklärte Berger.
Es werden alle anderen Bundesministerien aufgefordert, die anfallenden Anpassungen in ihren Bereichen vorzunehmen. Es werde aber keine Generalklausel geben, da dies ein unfreundlicher und unüblicher Akt gegenüber anderen Ressorts wäre, so die Justizministerin.
In einigen Punkten weiche das Lebenspartnerschaftsgesetz vom Eherecht ab, etwa beim Mindestalter für das Eingehen einer Lebenspartnerschaft. Das liege bei 18 Jahren. Bei der Ehe liege dies bei 16 Jahren, wenn die gesetzlichen Vertreter einwilligen. Auch das Eheverlöbnis aus dem ABGB wurde nicht übernommen, erklärte Berger. Und der Entwurf sieht einen verschuldensabhängigen Unterhalt nach Beendigung der Lebenspartnerschaft vor.
„Nach unserem Stand gibt es nur mehr zehn Mitgliedsländer der Europäischen Union, die keine Form einer eingetragenen Partnerschaft oder eine Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare vorsehen, im Wesentlichen sind dies die neuen Mitgliedsstaaten. Ich denke, es ist höchste Zeit, dass wir uns hier den europäischen Standards anschließen und eine gesetzliche Regelung schaffen“, stellte die Justizministerin abschließend fest. (Schluss) sl
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